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: GESCHICHTE
: DIE ANGLO-NORMANNISCHE EROBERUNG
3. Die Anglo-Normannische Eroberung
Selbst solche
Einigkeit, wie sie unter der Führung von Brian Boru existiert hatte, war zur Zeit
der nächsten Herausforderung Irlands verschwunden. Die Bedrohung ging von der
hocheffizienten feudalen Monarchie aus, die der aus der Normandie kommende Wilhelm
der Eroberer nach seiner erfolgreichen Invasion in England (1066) errichtet hatte.
Im Jahre 1171 nutzte Wilhelms Nachfolger Heinrich II einen alten Brief des Papstes
Adrian IV, in dem der Papst den König autorisierte, sich die Oberhoheit über Irland
zu verschaffen, um das dortige Christentum mehr auf die von Rom vorgeschriebene
Linie zu bringen. Zahlreiche anglo-normannische Barone hatten, schon bevor Heinrich
mit seiner Armee nach Irland übersetzte, mit ihren Gefolgsleuten weite Teile Irlands
unterworfen. Heinrich zog nach Irland, um von diesen Baronen und von den meisten
irischen Königen die formale Unterwerfung einzufordern. Die Barone, die die gälische
Aristokratie aus den von ihnen besetzten Gebieten vertrieben hatten, errichteten
in ihren Einflussbereichen das Feudalsystem in der Art, wie es ihre Vorfahren
von Frankreich nach England gebracht hatten. Das Resultat war jedoch nicht das
einer blühenden zentralistischen Monarchie, wie sie das normannische Engagement
in England hervorbrachte. Normalerweise war die englische Monarchie von den irischen
Affären abgelenkt und hatte sich Dringenderem, wie zum Beispiel dem Hundertjährigen
Krieg (1338-1453) zu widmen und schaffte es daher nicht einmal, die anglo-normannischen
Kolonien wirklich unter die Oberhoheit der englischen Krone zu zwingen.
Irland entsprach daher
im Spätmittelalter ungefähr einem Modell dreier konzentrischer Regionen:
1. Dublin und sein direktes Hinterland (später als „the Pale“
bezeichnet) als das einzige Gebiet, in dem effektiv eine englische
Regierungsmacht ausgeübt wurde.
2. Ein breiter Bogen von Territorien jenseits des Pale, der
aus praktisch unabhängigen Machtbereichen der anglo- normannischen
Lords bestand.
3. Ein dritter Bogen entlang der Westküste Irlands, dessen
Territorien vollständig außerhalb des englischen Machtbereichs
lagen und in denen das gälische Brauchtum fortdauerte.
Der englische
Einflussbereich in Irland erreichte seine größte Ausdehnung im 14. Jahrhundert,
wonach das Pendel zugunsten der gälischen Bevölkerung zurückschwang, teilweise
durch Rückeroberung besetzter Gebiete, aber vor allem durch die Transformation
der anglo-normannischen in eine anglo-irische Adelsschicht. Die anglo-normannischen
Neuankömmlinge heirateten in die gälische Bevölkerung ein, übernahmen die gälische
Sprache und Kultur und wurden so über Generationen nach und nach "irischer
als die Iren". Die Statuten von Kilkenny (1366) waren ein gescheiterter Versuch,
diese Entwicklung zu unterbinden und die Gebiete als unter englischer Kontrolle
stehend zu definieren. Die anglo- normannische Eroberung hatte jedoch den Effekt,
die irische Kirche stärker dem Einfluss von Rom zu unterstellen. Englische Rechtsprechung
und englisches Verwaltungswesen wurden eingeführt und im späten 13.Jahrhundert
auch ein irisches Parlament nach englischem Vorbild geschaffen, das jedoch lediglich
den anglo-irisch beherrschten Gebieten diente. Da der anglo-irische Adel dazu
neigte, während der Rosenkriege (1455-1485) das House of York zu unterstützen,
zwang der englische König Heinrich VII das irische Parlament von 1494/95, das
Poyningsche Gesetz anzuerkennen, welches dem englischen Geheimrat, der 'Privy
Council', ein Vetorecht in bezug auf jegliche Gesetzgebung einräumte, die in zukünftigen
irischen Parlamenten beschlossen würde.
Gegen
Ende des Mittelalters war deutlich, dass der anglo- normannische Versuch, Irland
vollständig zu erobern, gescheitert war. Im 16. Jahrhundert machten die Herrscher
auf dem englischen Thron: Heinrich VIII, Maria I und Elisabeth I konzertierte
Versuche, durch militärische Expeditionen und die "Verpflanzung" (plantation)
loyaler Siedler nach Irland, die Oberhoheit in Irland zurückzugewinnen. Der von
Heinrich VIII betriebene Bruch der englischen Kirche mit Rom (siehe Reformation)
erschwerte die Rückeroberung. Anders als in England, gab es in Irland weder unter
der gälischen, noch unter der anglo-irischen Bevölkerung, nennenswerte Sympathien
für die protestantische Reformbewegung. Die Church of Ireland wurde, nach dem
Vorbild der englischen protestantischen Staatskirche umgeformt, jedoch von der
überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt.
4.
Irland in der Neuzeit
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